Anhang II: Kirchengesetzliche Ordnungen mit arbeitsvertragsrechtlicher Relevanz

2. Ordnung für Schlichtungsverfahren*

II. Schlichtungsverfahren
§ 10 Beteiligte, Bevollmächtigte

(1) Beteiligte am Verfahren sind
1. Antragstellerin bzw. Antragsteller
2. Antragsgegnerin bzw. Antragsgegner

(2) 1Die Beteiligten können sich in jedem Stadium des Verfahrens durch eine bevollmächtigte Person vertreten lassen oder mit ihr als Beistand auftreten. 2Dies entbindet die Beteiligten nicht von ihrer Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen.

§ 11 Antragsgrundsatz

(1) 1Die Schlichtungsstelle wird nur auf Antrag tätig. 2Antragsbefugt sind betroffene Beschäftigte oder Dienstgeber. 3Anträge sind in Textform über die Geschäftsstelle an die/den Vorsitzende/n der jeweiligen Kammer der Schlichtungsstelle zu richten. 4Diese/r hat gegebenenfalls auf eine sachdienliche Ergänzung des Antrags hinzuwirken.

(2) Ein Antrag auf Schlichtung kann nur gestellt werden, wenn der jeweils anderen Seite die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde.

(3) Gelingt innerhalb von vier Wochen keine Einigung, kann die Schlichtungsstelle angerufen werden.

§ 12 Antragsinhalt

(1) 1Der Antrag muss die Antragstellerin bzw. den Antragsteller, die Antragsgegnerin bzw. den Antragsgegner, den Gegenstand des Verfahrens und ein bestimmtes Antragsbegehren enthalten. 2Zur Begründung dienende Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben und wesentliche Schriftstücke beigefügt werden.

(2) 1Entspricht der Antrag diesen Anforderungen nicht, so hat die/der Vorsitzende die Antragstellerin bzw. den Antragsteller zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer angemessenen Frist anzufordern. 2Sachdienliche Ergänzungen und Änderungen können nur bis zur Entscheidung vorgebracht werden.

§ 13 Zurücknahme, Änderung des Antrags

(1) 1Die Antragstellerin bzw. der Antragsteller kann ihren/seinen Antrag jederzeit zurücknehmen. 2Dies erfolgt durch Erklärung in Textform gegenüber der Schlichtungsstelle. 3Die/Der Vorsitzende erklärt das Schlichtungsverfahren durch Beschluss für beendet.

(2) Eine Änderung des Antrags durch die Antragstellerin bzw. den Antragsteller ist zulässig, wenn die Antragsgegnerin bzw. der Antragsgegner einwilligt oder die Schlichtungsstelle die Änderung für sachdienlich hält.

§ 14 Zurückweisung des Antrags

1Erweist sich ein Antrag als unzulässig oder als offensichtlich unbegründet, so kann ihn der Schlichtungsausschuss ohne mündliche Verhandlung unter Angabe der Gründe abweisen. 2Ein abgewiesener Antrag zu demselben Streitgegenstand kann nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach entsprechendem Beschluss erneut gestellt werden.

§ 15 Vorbereitung des Verfahrens

(1) 1Die/Der Vorsitzende trifft alle Maßnahmen, die zur Durchführung des Schlichtungsverfahrens erforderlich sind. 2Die/Der Vorsitzende wirkt in jeder Phase des Verfahrens auf eine beschleunigte Durchführung der Schlichtung hin. 3Sie/Er trägt Sorge dafür, dass das Verfahren zeitnah zu einem Abschluss geführt wird.

(2) 1Die/Der Vorsitzende verfügt die Zustellung des Antrags an die Antragsgegnerin bzw. den Antragsgegner mittels Empfangsbekenntnisses. 2Zugleich ist die Antragsgegnerin bzw. der Antragsgegner aufzufordern, sich innerhalb einer festzusetzenden Frist in Textform zu äußern.

(3) Die/Der Vorsitzende bereitet den Sach- und Streitstand so weit vor, dass die Beteiligten sich möglichst vor, spätestens aber im Verhandlungstermin vollständig erklären und vorhandene Schriftstücke oder andere Dokumente einreichen können und Personen, die zur Aufklärung des Sachstandes beitragen können, gehört werden.*

(4) 1Die zuständige Kammer bildet für jeden Verhandlungstag einen Schlichtungsausschuss. 2Dieser besteht aus der/dem Vorsitzenden oder der/dem gemäß § 3 Absatz 2 zuständigen stellvertretenden Vorsitzenden sowie - abwechselnd nach alphabetischer Reihenfolge der Nachnamen der Beisitzerinnen bzw. Beisitzer – aus je einer Beisitzerin bzw. einem Beisitzer aus dem Kreis der Beschäftigten und aus dem Kreis der Dienstgeber. 3Den Vorsitz hat die/der Vorsitzende der Kammer oder die/der stellvertretende Vorsitzende.

*Die notwendigen Unterlagen gemäß Absatz 3 sollen den Mitgliedern des Schlichtungsausschusses rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden.

§ 16 Vorschlag zur Einigung ohne mündliche Verhandlung

(1) 1Die/Der Vorsitzende hat auf eine Einigung zwischen den Beteiligten hinzuwirken. 2Sie/Er kann den Beteiligten in Textform ohne mündliche Verhandlung einen Vorschlag zur Einigung mit einer Frist zur Stellungnahme unterbreiten.

(2) 1Wird der Vorschlag von den Beteiligten angenommen, so stellt die/der Vorsitzende das Zustandekommen der Einigung durch Beschluss fest; die Annahmeerklärungen der Beteiligten sind in Textform abzugeben. 2Die auf diese Weise zustande gekommene Einigung hat unter den Beteiligten die Wirkung eines außergerichtlichen Vergleichs.

(3) Führt der Einigungsvorschlag nicht zu einer Einigung, wird ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt.

§ 17 Mündliche Verhandlung

(1) 1Die/Der Vorsitzende bestimmt den Termin zur mündlichen Verhandlung und lädt die Antragstellerin bzw. den Antragsteller, die Antragsgegnerin bzw. den Antragsgegner und Dritte (z. B. Zeuginnen bzw. Zeugen und Sachverständige) mit einer Frist von mindestens zwei Wochen. 2Einer gesonderten Ladung bedarf es nicht, wenn die Sache im Verhandlungstermin in Gegenwart der Beteiligten zur Weiterverhandlung auf einen bestimmten Termin vertagt wird.

(2) Der Schlichtungsausschuss erörtert in nicht öffentlicher Verhandlung unter Leitung der/des Vorsitzenden mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage.

(3) Die/Der Vorsitzende gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme.

(4) 1Über den Verlauf und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist von einer/einem damit Beauftragten ein Protokoll zu fertigen, welches den Beteiligten zuzusenden ist. 2Es soll den wesentlichen Verhandlungsablauf, die Ergebnisse einer Beweisaufnahme und die gestellten Anträge enthalten.

(5) 1In der mündlichen Verhandlung müssen Antragstellerin bzw. Antragssteller und Antragsgegnerin bzw. Antragsgegner persönlich erscheinen, auch wenn sie sich von einer bevollmächtigten Person vertreten lassen. 2Die/Der Vorsitzende kann die Beteiligten von dieser Verpflichtung entbinden. 3Bei Nichterscheinen der Antragstellerin bzw. des Antragstellers erklärt die/der Vorsitzende die Schlichtung für gescheitert. 4Bei Nichterscheinen der Antragsgegnerin bzw. des Antragsgegners ergeht eine Entscheidung nach Aktenlage.

§ 18 Beweisaufnahme

(1) Soweit es erforderlich ist, erhebt der Schlichtungsausschuss Beweis durch Augenschein, hört Zeuginnen bzw. Zeugen und vom Schlichtungsausschuss angeforderte Sachverständige sowie die Beteiligten und sieht Urkunden ein.

(2) 1Die Beweisaufnahme hat in der mündlichen Verhandlung zu erfolgen. 2Auf Anordnung der/des Vorsitzenden können ausnahmsweise Beweisaufnahmen vor der mündlichen Verhandlung durchgeführt werden. 3Antragstellerin bzw. Antragsteller, Antragsgegnerin bzw. Antragsgegner und sonstige Beteiligte sind dazu zu laden.

§ 19 Vorschlag zur Einigung in der mündlichen Verhandlung in Verfahren nach § 2 Absatz 2

(1) 1Der Schlichtungsausschuss hat zu jeder Zeit auf eine Einigung zwischen den Beteiligten hinzuwirken. 2Er soll daher den Beteiligten unter Würdigung der Sach- und Rechtslage eine begründete Einigungsempfehlung unterbreiten.

(2) 1Wird der Vorschlag in der mündlichen Verhandlung von den Beteiligten angenommen, so ist die Einigung durch Beschluss festzustellen und der Beschluss zu Protokoll zu nehmen. 2Die auf diese Weise zustande gekommene Einigung hat unter den Parteien die Wirkungen eines außergerichtlichen Vergleichs.

(3) 1Kommt in der mündlichen Verhandlung keine Einigung zustande, kann der Schlichtungsausschuss eine Einigungsempfehlung unterbreiten, die von beiden Beteiligten innerhalb einer vorzugebenden Äußerungsfrist in Textform angenommen werden kann. 2Die/Der Vorsitzende stellt das Zustandekommen der Einigung durch Beschluss fest.

(4) Kommt eine Einigung weder in der mündlichen Verhandlung noch während der Äußerungsfrist zustande, erklärt die/der Vorsitzende durch Beschluss die Schlichtung nach § 2 Absatz 2 für gescheitert.

§ 20 Verfahren nach § 2 Absatz 3 - Streitigkeiten über die wirksame Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsvertragsordnung in den Individualarbeitsvertrag

(1) Der Schlichtungsausschuss entscheidet in den Verfahren nach § 2 Absatz 3 mit Beschluss.

(2) 1Der Beschluss wird in dem Termin, in dem die Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin bekannt gegeben. 2Dieser ist spätestens sechs Wochen nach Ende der mündlichen Verhandlung anzusetzen.

(3) Der Beschluss wird mit Stimmenmehrheit gefasst; Stimmenthaltung ist nicht zulässig.

(4) Der Beschluss ist schriftlich abzufassen, mit Gründen zu versehen, von allen Mitgliedern, die daran mitgewirkt haben, zu unterschreiben und den Beteiligten zuzustellen.

(5) 1Der Dienstgeber kann die Verkündung des Beschlusses bis spätestens zum Verkündungstermin durch Vorlage eines neuen Vertragsentwurfs abwenden. 2Erfüllt der Vertragsentwurf, der zur Wirksamkeit lediglich der Annahme durch die Beschäftigten bedarf, die rechtlichen Anforderungen, erklärt der Schlichtungsausschuss das Verfahren für erledigt.

(6) 1Der Beschluss des Schlichtungsausschusses wird an die/den Vorsitzende/n des für den Dienstgeber zuständigen rechtsträgerinternen Aufsichtsorgans übermittelt. 2Wenn kein Aufsichtsorgan ermittelt werden kann, ist der Beschluss dem zuständigen Diözesanbischof zu übermitteln.

§ 21 Rechtsfolgen des Beschlusses nach § 20

(1) 1Stellt der Schlichtungsausschuss in seinem Beschluss fest, dass die Vertragsgestaltung gegen kirchliches Recht verstößt, ist der beteiligte Dienstgeber verpflichtet, unverzüglich Abhilfe zu schaffen und der Schlichtungsstelle hierüber zu berichten. 2Zum Nachweis legt der Dienstgeber der Schlichtungsstelle innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Beschlusses einen überarbeiteten Arbeitsvertragsentwurf vor, der zu seiner Wirksamkeit der Annahme durch die Beschäftigten bedarf.

(2) Stellt der Schlichtungsausschuss fest, dass der Dienstgeber dieser Verpflichtung nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, informiert die/der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses den Diözesanbischof über die auferlegten Maßnahmen und bittet ihn, dafür Sorge zu tragen, dass rechtmäßige Zustände hergestellt werden.

§ 22 Ablehnung, Befangenheit

(1) Für die Ausschließung und die Ablehnung von Mitgliedern der Schlichtungsstelle gelten die §§ 41 bis 44 und § 48 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(2) 1Über das Ablehnungsgesuch entscheidet die jeweilige Kammer der Schlichtungsstelle nach Anhörung der/des Betroffenen ohne ihre/seine Beteiligung. 2Ist die/der Vorsitzende der Kammer oder ihr/e/sein/e Stellvertreter/in Betroffene/r, so befindet die Schlichtungsstelle unter Vorsitz des/der jeweils nicht betroffenen Vorsitzenden endgültig. 3Die Entscheidung wird durch Beschluss getroffen und ist endgültig. 4Der Beschluss ist zu begründen und zu den Akten zu nehmen.

(3) 1Ist das Ablehnungsgesuch zulässig und begründet, findet eine Fortsetzung des Verfahrens mit dem nach § 14 Absatz 4 umgebildeten Schlichtungsausschuss statt. 2Andernfalls wird das Schlichtungsverfahren durch den Schlichtungsausschuss in seiner ursprünglichen Besetzung fortgeführt.